nach Franz Josef Land
14. Juli 2005
Nach einer Übernachtung in Helsinki geht es am nächsten Morgen (14. Juli 2005) weiter in Richtung Arktis. Unser nächstes Ziel ist die nördlichste Großstadt der Welt – Murmansk. Nach einer Stunde und 35 Minuten Flugzeit haben wir auch dieses Etappenziel erreicht und werden auf eine Geduldprobe gestellt. Die Passkontrolle zieht sich in die Länge und dauert etwa 2 1/2 Stunden. Dann endlich können alle 87 Expeditions-Passagiere offiziell einreisen.
Bevor es zur Einschiffung auf die „KAPITAN DRANITSYN“ geht, wollen wir uns noch etwas von Murmansk ansehen. Zwei Reisebusse stehen bereits bereit. Da der Flughafen außerhalb der Stadt liegt, geht es zunächst 30 Kilometer durch subarktische Waldlandschaften. Murmansk empfängt uns mit sommerlicher Wärme und Sonnenschein. Mit 23 Grad Celsius ist es unerwartet mild. Das Stadtbild wird dominiert von Plattenbauten, und in Kontrast dazu leuchten die vergoldeten Kuppeln einer neuen orthodoxen Kirche. Im Heimatmuseum bekommen wir u.a. interessante Informationen über die Urbevölkerung und die heimische Tierwelt. Nach der Stadtrundfahrt geht es nun Richtung Hafen, wo die „KAPITAN DRANITSYN“ bereits auf ihre neuen Expeditions-Teilnehmer wartet.
Wir werden freundlich mit Brot und Salz willkommen geheißen, und man zeigt uns unsere Kabinen. Ich habe die Nr. 18 auf Deck 7 – mein Zuhause für die nächsten 12 Tage. Mit einer Länge von 132,4 Meter und 24.840 PS, die von sechs Dieselmotoren erzeugt werden, ist die „KAPITAN DRANITSYN“ ein stattlicher Eisbrecher. Namenspate ist übrigens der berühmte russische Eismeer-Kapitän Hermann Dranitsyn. Wir genießen unser erstes Abendessen und danach zieht es wohl jeden auf die Decks, um die Szenerie des 55 Km langen Kolafjords aufzunehmen. Vor uns liegt die Barents-See, und das Abenteuer kann beginnen…
(14. Juli bis 25. Juli 2005)
15. Juli 2005
Der Kolafjord liegt hinter uns, und heute haben wir die offene See erreicht. Diese macht sich auch gleich bemerkbar. Die Dünung in der Barents-See versetzt die „KAPITAN DRANITSYN“ in rollende Bewegungen. Um 7.15 Uhr ertönt durch den Kabinenlautsprecher der „Weckruf“ unseres Expeditionsleiters: „Guten Morgen, liebe Passagiere. Die aktuelle Temperatur beträgt noch 12 Grad, und der Himmel ist bedeckt. Ideale Voraussetzungen, das Frühstück zu genießen…“. Im Laufe des Vormittags stellen sich der Expeditionsleiter, die Lektoren, der Kapitän und die Offiziere offiziell vor. Anschließend werden die obligatorischen Seenotrettungsübungen durchgeführt.
Im Tagesverlauf löst sich die Wolkendecke fast vollständig auf, und viele Passagiere nutzen die Gelegenheit, um von der Kommandobrücke, auf der wir allzeit gern gesehene Gäste sind, nach Walen Ausschau zu halten. Natürlich sind auch die oberen Decks mit „Spähern“ besetzt, die mit Ferngläsern die Wasseroberfläche absuchen. Und tatsächlich tauchen mindestens zwei große Bartenwale vor unserem Schiff auf. Durch mein Fernglas kann ich eindeutig deren Blas sehen. Leider sind die Wale zu weit vom Schiff entfernt, um eine genaue Bestimmung der Art vorzunehmen. Einer der Lektoren ist Meeresbiologe und vermutet, dass es sich um Finn- oder Buckelwale handeln könnte. Auf jeden Fall ein vielversprechender Auftakt…
Später erfahren wir zur Einstimmung auf den Besuch des Archipels etwas über die österreichisch-ungarische Polar-Expedition von 1873. Als der erste Tag an Bord zu Ende geht, es aber nicht dunkel wird, haben wir seit Verlassen von Murmansk 320 Seemeilen (ca. 580 km) mit Kurs Nord zurückgelegt und die Temperatur ist auf 6 Grad gesunken. 320 Seemeilen näher am Ziel: Franz Josef Land! Doch noch liegt ein weiterer Seetag vor uns.